Was ist eigentlich Quantentechnologie und wie wirkt sich diese auf unser Leben aus? In dem neuen, interdisziplinären „Zusatzstudium Quantentechnologie“, das im Wintersemester 2023/24 startet, können Studierende der OTH Regensburg dies selbst ausprobieren. Anhand spezieller Versuchsaufbauten, die vor nicht allzu langer Zeit nur kostenintensiven Laboren von Nobelpreisträgern vorbehalten waren, erfahren die Studierenden hautnah, wie die physikalische Natur subatomarer Teilchen unter ihren eigenen Händen unseren Alltagsbeobachtungen widersprechende Eigenschaften an den Tag legen.
Welche Konsequenzen dies für unser Leben hat, und wie damit Grundlagen für moderne Schlüsseltechnologien gelegt werden, wird in der didaktisch modernen, fakultätsübergreifend angebotenen Zusatzqualifikation gelehrt. Dazu haben sich Prof. Dr. Ioana Serban, Prof. Dr. Jürgen Mottok und Prof. Dr. Wolfgang Mauerer zusammengeschlossen, um ihre Kompetenzen auf dem Gebiet der Quantenmechanik, Quantenkryptographie und dem aufstrebenden Gebiet des Quantencomputings zu kombinieren.
Geballte Quantenkompetenzen an der OTH Regensburg
In seiner Forschung beschäftigt sich Prof. Mauerer seit etwa 20 Jahren mit Quantencomputing. Im Fokus aktueller Arbeiten steht die Anstrengung, die atemberaubend dynamische Grundlagenforschung so aufzubereiten, dass sie so schnell wie möglich industriellen Anwendungen zu Gute kommt. Als Konsortialführer in zahlreichen aus Bundes- und Industriemitteln finanzierten Förderprojekten arbeiten er und sein Team mit „Big Playern“ der Industrie an Anwendungsfällen, bei denen Quantencomputer schon heute Vorteile bringen. Als Vorsitzender in verschiedenen Gremien setzt Prof. Mauerer wichtige Impulse für die Weiterentwicklung des Feldes.
Prof. Serban ist über ihre Forschungsarbeiten an renommierten Instituten in Jülich, Kanada und München im Bereich des Quantencomputing verwurzelt. Ihre Spezialität ist die Realisierung, Kontrolle und Messung von supraleitenden Qubits, welche die Basis für aktuelle Quantencomputer wie Googles Sycamore und IBMs Eagle Prozessor bilden. Prof. Serban ist hier mit Forschungsgruppen aus den USA, Kanada, Deutschland und den Niederlanden vernetzt.
Prof. Dr. Jürgen Mottok widmet sich in seinen Forschungsprojekten der IT-Sicherheit kritischer Infrastrukturen: Er legt dabei einen Schwerpunkt auf post-quantum-kryptographische Algorithmen und die Quantenkryptographie. Seine Themen stehen im gesellschaftsrelevanten Fokus sicherer und nachhaltiger Zukunftstechnologien.
Wissenstransfer der Quantenkonzepte in die Lehre
Um die physikalisch anspruchsvollen Quantentechnologiekonzepte greifbarer zu gestalten, wurde im Labor von Prof. Serban eine Quantenexperimentierstrecke installiert. An zahlreichen Versuchsstationen können Studierende der Informatik, Elektro- und Informationstechnik sowie der angewandten Naturwissenschaften Phänomene rund um die Quantennatur in einem Quantenradierer, in der Quantenkryptographie und in Aufbauten zu Konzepten wie den Bell-Ungleichungen und dem Hong-Ou-Mandel-Effekt selbst erzeugen und beobachten, um die abstrakten Konzepte von Quantenphysik und Quanteninformatik zu verinnerlichen. Mit den gewonnenen Einsichten lässt sich unter anderem besser verstehen, wie ein Qubit programmiert und Quantenverschränkung erzeugt wird. Dass dieses besondere Setup nun den Studierenden der OTH Regensburg zur Verfügung steht, ist dem Engagement von Prof. Serban zu verdanken. Die Experimentierstationen sind aus Mitteln der Hightech Agenda Bayern und teils aus Studierendenzuschüssen finanziert.
Als besonderes Angebot, auch an die Öffentlichkeit und an Regensburger Unternehmen, wurde zusätzlich von Prof. Mauerer und seinem Team an der Fakultät Informatik und Mathematik ein Quantenzufallszahlen-Onlinedienst eingerichtet, welcher für eine breite Anwendungspalette in Kryptographie und Simulation für jedermann kostenfrei nutzbar ist. Aufgeschlossene Personen jedes Alters und jeglichen Hintergrundes sind herzlich eingeladen, selbst zu experimentieren und über die Seite https://lfdr.de/qrng eine einzigartige Quantenzufallszahl zu generieren.
Vorbereitung der Studierenden auf Zukunftstechnologie
Sowohl die Dekanin der Fakultät Angewandte Natur- und Kulturwissenschaften, Prof. Dr. Katherine Gürtler, als auch der Dekan der Fakultät Informatik und Mathematik, Prof. Dr. Frank Herrmann, haben den Aufbau des Zusatzstudiums Quantentechnologie maßgeblich unterstützt und begrüßen die jüngsten Entwicklungen. „Wir stehen am Anfang der Ära der Quantencomputer, und dieses interdisziplinäre Zusatzstudium ist eine hervorragende Vorbereitung unserer Studierenden auf diese Zukunftstechnologie“, ist Prof. Gürtler überzeugt. „Die aus aktuellen Forschungsarbeiten und Projekten mit der Industrie abgeleiteten Studienangebote sind für uns sehr wichtig. Sie sichern den Vorsprung unserer Studierenden im Bereich Informatik und Mathematik in Hinblick auf konkrete Anwendbarkeit gegenüber einer starren akademischen Regelausbildung, wie sie an den meisten Universitäten auch heute noch Standard ist“, so Prof. Herrmann.
OTH-Präsident Prof. Dr. Ralph Schneider ergänzt: „Die fakultätsübergreifende Zusammenarbeit in der Ausbildung unserer Studierenden auf dem Feld forschungsnaher Hochtechnologien zeichnet unsere Hochschule aus. Mit perspektivischem Blick auf den wachsenden Bedarf an hochqualifizierten Anwenderinnen und Anwendern sichert sie unseren Absolventinnen und Absolventen eine bevorzugte Einstiegsposition ins Berufsleben.“